Heizöl-Rückblick Januar 2022: Geopolitik und knappes Angebot – Ölpreise explodieren

Der unbeirrte Aufwärtstrend der Ölpreise, der bereits im Dezember begann, setzte sich auch im Januar fort. Die Märkte reagierten auf die anhaltend angespannte geopolitische Lage und ein sinkendes Ölangebot mit neuen preislichen Langzeithochs. Wir analysieren die Auswirkungen auf den Heizölpreis.

Im Überblick: So entwickelte sich der Heizölpreis im Jahr 2021

Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse für den Ölpreis der vergangenen Wochen finden Sie im Heizöl-Rückblick Dezember 2021.

Kompakt informiert: Die wichtigsten Entwicklungen für den Ölpreis im Januar 2022

  • Ölpreise klettern auf neue Langzeithochs
  • Ukraine-Konflikt stellt globale Diplomatie auf die Probe
  • Unruhen in Kasachstan und zahlreiche Lieferausfälle
  • OPEC+ behält Förderquoten bei
  • Omikron und Pandemie kaum kalkulierbar

 

Heizölpreisentwicklung im Januar 2022 im Überblick

 

Die Heizölpreisentwicklung im Januar 2022 im Überblick // Alle Angaben ohne Gewähr // © TOTAL

 

Normalerweise dominieren zum Jahreswechsel sinkende Ölpreise auf dem Markt und es herrscht traditionell weniger Kaufinteresse im Januar. Auch, wenn es kalt wird, entspannen sich die Kurse nach einem meist turbulenten Jahresausklang erst einmal kurz. Im Januar 2022 war jedoch alles anders. Nachdem die Ölpreise aufgrund der globalen Energiekrise bereits im November und Dezember 2021 stetig nach oben geklettert waren, knackten sie im Januar endgültig neue Langzeithochs. Die Nordsee-Ölsorte Brent erreichte Notierungen über 90 Dollar pro Barrel, die sonst deutlich günstigere Texas-Ölsorte West Texas Intermediate (WTI) lag nicht mehr weit dahinter.

Die Gründe für diese Entwicklung ließen sich ebenfalls schon im Vorjahr ausmachen, allerdings gewannen sie im Januar noch einmal an Bedeutung: Der Konflikt zwischen Russland, der Ukraine und der westlichen Welt spitzte sich immer weiter zu. Nachdem Russland bereits im Dezember seine Gaslieferungen nach Westeuropa empfindlich einschränkte, droht bei einer Eskalation des Machtpokers an den ukrainischen Grenzen ein völliger Lieferstopp. Das würde nicht nur Europa in Bedrängnis bringen.

Durch Unruhen im OPEC-Land Kasachstan, Rebellenangriffen auf die VAE sowie Lieferausfällen in Libyen und Irak geriet die Angebotsseite auch im Januar unter Druck – mit dem Ergebnis, dass die Risikoprämien für Investitionen stiegen.

Nicht zuletzt hinterließ auch die Pandemie weiterhin ihre Spuren. Es zeichnete sich ab, dass viele Länder die hohen Omikron-Infektionswellen lieber surfen als brechen. Die beobachtete geringere Sterblichkeitsrate dieser Variante im Tandem mit Impffortschritten und neuen Medikamenten gegen schwere Verläufe schürte die Hoffnung, dass die Pandemie zur Endemie wird. Das wiederum hielt die Nachfrage und damit auch die Ölpreise hoch.

Im Januar legte der Heizölpreis im Vergleich zum Vormonat um rund acht Prozent zu.

 

Ukraine-Konflikt: Es geht nicht um Öl und Energie – sondern um  Macht

Russland und die Ukraine stehen praktisch seit Auseinanderbrechen der Sowjetunion miteinander in Konflikt. Dabei geht es vor allem darum, in welche Richtung sich das zweitgrößte Staatsgebiet Europas entwickelt: Die Ukraine ist Teil der EU und stark westlich orientiert, hängt aber wirtschaftlich in hohem Maße von Moskau ab. Russland hingegen sieht sich als traditionelles Mutterland der Ukraine und fordert immer wieder Zugeständnisse, die es im Bedarfsfall auch mit Annexionen oder Einmärschen zu erreichen sucht.

Der aktuelle Aufmarsch russischer Truppen an den ukrainischen Grenzen ist demnach nicht neu, führt aber in der derzeitigen Gesamtsituation unweigerlich zu immer weiter steigenden Ölpreisen.

 Russland als primärer Gaslieferant Westeuropas und Hauptenergielieferant der Ukraine hat seine Lieferungen bereits im Dezember drastisch gedrosselt und sogar eingestellt – und bisher keine Anstrengungen unternommen, daran etwas zu ändern. Je lauter das Säbelrasseln an den ukrainischen Grenzen wird und je lauter westliche Staaten wie Deutschland über die USA bis hin zu Großbritannien dagegen anreden und Unterstützung für die Ukraine versprechen, desto fester scheint Russland den Versorgungsdeckel der dringend benötigten Energie zu schließen.

Das hat nicht nur handfeste Folgen für das Energieangebot, sondern es geht auch um Psychologie. Gefahrenlagen und Konflikte, an denen wichtige Akteure der Rohstoffproduktion beteiligt sind, lassen die Ölpreise immer weiter steigen. Sollte der Konflikt eskalieren, könnte dies die ohnehin drastische Entwicklung nochmals beschleunigen – während sich die Öl-Abnehmer Russlands nach anderen Quellen umsehen müssten.

 

Kasachstan, Libyen, USA und OPEC+: Das Ölangebot sinkt weiter

Wie wir bereits häufig analysiert haben, ist das tatsächliche Ölangebot oft längst nicht so knapp, wie es Marktprognosen und Preistendenzen glauben machen wollen. Doch im Januar 2022 mehrten sich die Hinweise, dass das Schreckgespenst „knappes Ölangebot“ derzeit real ist. Die Füllstände westlicher Gasspeicher liegen weit unter ihrem Saisondurchschnitt, die amerikanischen Vorratslager für Rohöl weisen laut den wöchentlichen Bestandsberichten ebenfalls Lücken auf. Extreme Wetterlagen in den USA steigern dabei nicht nur den Bedarf nach Heizöl, sie beeinträchtigen auch die Ölförderung und -verarbeitung.

Jede Neuigkeit, die darauf hindeutet, dass das Angebot weiter sinken könnte, wurde dementsprechend im Januar umso stärker aufgegriffen. Als in Kasachstan Proteste und gewalttätige Unruhen wegen zu hoher Gaspreise ausbrachen, sorgte sich der Markt prompt um die rund 1,6 Millionen Barrel, die das kleine OPEC-Land täglich fördert. Libyen musste ebenfalls mit neuen innerpolitischen Schwierigkeiten kämpfen und vermeldete mehrmals Force Majeure an verschiedenen Ölinfrastrukturen. In diesem Umfeld ist es für den Markt ein guter Grund für steigende Preise, dass die OPEC+-Gruppe auch im Januar beschloss, die aktuellen Förderanhebungen um 400.000 B/T nicht auszuweiten. Das wirtschaftliche Kalkül dahinter ist klar: Hohe Ölpreise sind ein Segen für die meisten Mitglieder, die vollständig von ihrer Ölindustrie abhängig sind. 

Auch, wenn die OPEC diese Entscheidung weiterhin mit der Gefahr einer sinkenden Nachfrage durch die Pandemie begründet, gilt dieses Argument in der Realität kaum noch. Zudem bleiben die Mitgliedsstaaten weiterhin hinter ihren Förderzielen zurück. Die Frage ist also, wie lange diese überdurchschnittliche künstliche Verknappung in diesem Rahmen noch getragen werden kann.

 

Die Nachfrage steigt – oder auch nicht

Wenigstens in einer Hinsicht folgte der Ölmarkt im Januar 2022 seinen üblichen Gesetzen: Niemand kann mit Sicherheit sagen, wie sich die Nachfrage entwickelt – weder morgen noch in naher Zukunft. Bisher zeichnet sich nur ab, dass die Händler Omikron nicht mehr als empfindliche Nachfragebremse sehen. Lediglich China machte im Januar mehrfach alle Schotten gegen die Pandemie dicht, andere Länder wagten trotz hoher Infektionen Öffnungen.

Die asiatische Nachfrage ist auch deshalb derzeit einer der Knackpunkte für Vorhersagen. Die chinesischen Ölimporte sind teilweise deutlich gesunken, auch die Wachstumsprognosen wurden nach unten korrigiert. Allerdings sehen Analysten bereits eine Erholung im zweiten Quartal 2022 auf uns zukommen. Die Tatsache, dass Omikron zwar einen Krakheitsverlauf ausweist, aber für große personelle Lücken in allen Bereichen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens sorgt, lässt den Markt verzögert reagieren. Zahlreiche Branchen und Unternehmen haben mit Personalausfällen und damit mit Produktions- und Lieferproblemen zu tun. Zusammen mit den hohen Energiepreisen gerät dadurch die gesamte Weltwirtschaft in eine Schieflage, deren mittelfristige Auswirkungen derzeit noch nicht genau kalkuliert werden können.

Fakt ist nur, dass sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen wird, ob es für eine mögliche hohe Nachfrage auch die entsprechende Angebotsseite gibt. Sollte das nicht der Fall sein, könnten weitere Preissteigerungen die Folge sein.

Hier spielt auch die Tatsache hinein, dass die US-Notenbank Fed nach langem Ringen endlich Klarheit geschaffen und für März die erste Anhebung ihres Leitzinses angekündigt hat. Dieser fundamentale Schritt im Kampf gegen die Inflation dürfte die weltweite wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig beeinflussen, da die meisten wesentlichen Börsenwerte in Dollar gehandelt werden. Der Dorllarwert bestimmt damit das Weltgeschehen und im Wesentlichen auch das Kaufinteresse an den Börsen.

 

Weitere News in Kürze

  • USA geben weitere strategische Ölreserven frei
  • Explosion an irakischer Pipeline
  • Huthi-Angriffe auf VAE

 

Was auf dem Ölmarkt im Februar 2022 wichtig bleibt

Momentan wird nicht davon ausgegangen, dass die OPEC+-Gruppe bei ihrem erneuten Treffen Anfang Februar einen anderen Förderkurs beschließen wird. Sie hat bisher einfach keinen zwingenden Grund. Damit wendet sich der Markt umso intensiver der Ukraine zu und versucht, insbesondere Russlands Verhalten vorherzusagen oder die Auswirkungen potenzieller Auseinandersetzungen in das richtige Investitionsverhalten umzusetzen.

Bisher gibt es wenig Hoffnung,im Februar mit sinkenden Energie- und Ölpreise zu rechnen. Sollte hingegen Russland von seiner Position abrücken und käme es zu einer unerwarteten Wende der Pandemie, könnte sich die Lage entscheinend ändern.  Wie der aktuelle Heizölpreis auf die jeweiligen Entwicklungen reagiert, sollten Sie am besten tagesaktuell erfahren. Darum liefern wir Ihnen tägliche Heizölnews mit den wichtigsten Entwicklungen an den Börsen und in der Welt. Auf unserer Heizölpreisseite können Sie nachvollziehen, wann sich der Heizölkauf für Sie lohnt.

Sefana Boucherit – Autorin

Der Ölmarkt und der Euro-Dollar-Kurs bestimmen Ihren Heizölpreis. Die Märkte bieten täglich Überraschungen. Wir liefern Ihnen die Hintergrundinformationen.

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