Der Heizölpreis im November: Der Markt will endlich Fakten

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Die zentralen Themen im November knüpften nahtlos an die vorherigen Monate an: Alles drehte sich um den Handelsstreit, die OPEC+-Kürzungen und die Konjunktur 2020. Ölpreise spiegelten wider, wie sehr der Markt Fakten sehen will. Auf ungenaue Fortschrittsmeldungen reagierte er häufig mit Desinteresse

Im Überblick: das Öljahr 2019

  • Januar: Politische und wirtschaftliche Unsicherheit treibt Kurse vor sich her
  • Februar: Bessere Konjunkturerwartungen treiben den Heizölpreis an
  • März: USA und OPEC bringen sich stärker in Position – neue Preishochs
  • April: Markt beharrt auf preissteigender Stimmung
  • Mai: Aktuell knappes Ölangebot trifft auf Angst vor Abschwung
  • Juni: Langzeitentwicklungen lösen akute Themen als Markttreiber ab
  • Juli: Welt und Märkte reagieren auf pessimistische Prognosen zur Konjunktur
  • August: Handelsstreit zwischen USA und China im Mittelpunkt
  • September: Angriffe auf saudische Ölanlagen rütteln Markt auf
  • Oktober: stabile Preise trotz pessimistischer Stimmung
     

Kompakt informiert: die wichtigsten Entwicklungen im November

  • Anhaltendes Tauziehen um ein Handelsabkommen zwischen China und USA
  • OPEC+: keine neuen Kürzungen – oder doch?
  • Weltkonjunktur robuster als angenommen
     

Heizölpreisentwicklung November 2019 im Überblick

 

Die Heizölpreisentwicklung im November 2019 im Überblick // Alle Angaben ohne Gewähr // © TOTAL
 

China vs. USA: die Frage um die Hoheit im Handelsstreit

Würde man die Fort- und Rückschritte in den Verhandlungen zwischen China und den USA zu den Handelszöllen als Verlaufsdiagramm darstellen, ergäbe sich insbesondere für den November eine deutliche Wellenform: Immer wieder vermeldete eine Seite ein gutes Vorankommen der Handelsgespräche, während die andere Seite entweder schwieg oder den Optimismus sofort dämpfte.

China zeigte sich dabei wesentlich öfter zuversichtlich, während Washington mehrfach betonte, dass ein Deal nur zugunsten der USA zustande kommen könne. Und dies sei bei Weitem nicht so sicher, wie Peking wiederholt gemeldet habe.

Allerdings machte der November deutlich, dass sich sowohl China als auch die USA weiterhin aktiv um eine Einigung im Handelsstreit bemühen. Und das ist zumindest schon einmal ein Fortschritt, der noch in den vergangenen Monaten immer wieder unwahrscheinlich schien.

Doch für den Markt sind diese Bemühungen nicht mehr ausreichend, er will Fakten und Unterschriften sehen. Deshalb blieb im Vergleich zur wellenschlagenden Stimmungskurve die Ölpreiskurve von den schnell wechselnden Meldungen im November sichtbar unbeeindruckt.

Tendenziell machte sich zwar ein grundsätzlicher Optimismus breit, dass ein Handelsabkommen zustande kommen wird. Die drängendste Frage blieb aber, wie dieses Abkommen der sogenannten Phase 1 aussehen wird.

Bisher scheint lediglich sicher, dass erst einmal keine neuen Strafzölle installiert und die bestehenden Zölle nicht erhöht werden. Außerdem ist China zu Zugeständnissen bei Themen wie dem geistigen Eigentum bereit.

Damit der Motor der Weltkonjunktur allerdings wieder anläuft – wodurch die Ölnachfrage steigt –, müssten vorrangig die bestehenden Strafzölle abgebaut werden. Zu diesem Fakt schweigen sich jedoch beide Seiten bisher beharrlich aus – genauso wie zum Datum für eine mögliche Unterschrift. Und dieses Schweigen quittierte der Markt im November eben mit sichtbarer Missachtung bei der Preisbildung.

Zum Monatsende trieb die US-Regierung noch einmal einen kleinen Keil in den aufkeimenden Optimismus, indem sie die Demokratiebewegung in Hongkong unterstützte und damit die chinesische Regierung brüskierte. Allerdings spricht es auch für die Einstellung zu den Fortschritten im Handelsabkommen, dass trotz dieses Umstands weiterhin der Glaube herrscht, dass eine Einigung zwischen den großen Volkswirtschaften möglich wird – und zwar bald.
 

Status quo(te): OPEC+ beugt sich dem Marktdruck

Obwohl die OPEC ein maßgeblicher Taktgeber bei der Ölpreisbildung ist, zeigt das Kartell erstaunlich oft eine Haltung, die aktuellen Marktentwicklungen zwar nicht zwingend zuwiderläuft, diese aber häufig anders interpretiert als der Rest der Weltwirtschaft. Außerdem gibt es offensichtlich keine klare PR-Strategie, die von allen Mitgliedern getragen wird.

Noch zum Monatsanfang waren mehrere OPEC+-Mitgliedsstaaten öffentlich überzeugt, dass höhere Förderkürzungen nicht notwendig seien, um den Ölpreis 2020 zu stabilisieren. Interne Prognosen und Marktanalysen hätten mehrfach gezeigt, dass etwa die befürchtete Rekordentwicklung der US-Ölindustrie ausbleiben wird.

Bereits kurz nach diesen Aussagen hochrangiger OPEC-Vertreter meldete der eigene Monatsbericht jedoch eine so verschwindend geringe Abwärtskorrektur der Vorhersagen zur US-Industrie, dass das Festhalten am aktuellen Stand der Förderkürzungen fast verzweifelt schien. Der IEA-Jahresbericht wurde noch deutlicher und sagte, dass das Ölkartell ohne weitere Kürzungen mittelfristig an Marktbedeutung verlieren werde – und zwar erheblich.

Warum die OPEC so am Status quo der Förderkürzungen festhält, ist etwas schwer nachzuvollziehen. Einerseits geht es um Marktanteile: Je mehr sich die Dealmitglieder zurückhalten, desto mehr Raum geben sie anderen Marktteilnehmern wie den USA. Das wiederum bedeutet Einbußen bei den Einnahmen aus Öl – für viele OPEC-Mitglieder das einzig nennenswerte Wirtschaftsgut.

Andererseits ist schon der bestehende Kürzungsdeal ein hart errungener Burgfrieden. Nicht alle Mitglieder sind begeistert, viele halten sich nicht an die Kürzungsvereinbarungen und immer wieder rechnen einige Länder laut vor, was wäre, wenn sie die OPEC verließen.

Ursprünglich war die Marktmacht des Ölkartells allgegenwärtig, OPEC-Öl machte den Preis. Mit der zunehmenden Rekordförderung der USA wird aber immer deutlicher, dass diese Vorherrschaft schwindet. Das ist eine Rolle, mit der die OPEC noch längst nicht umzugehen weiß – daher auch die häufig marktkonträren Aussagen.

Am Ende des Monats wurde jedoch immer wahrscheinlicher, was Analysten längst als unausweichliche Maßnahme beschrieben haben: Die OPEC wird sich wohl zumindest auf eine Verlängerung des jetzigen Förderabkommens einigen und eine stärkere Einhaltung der Quoten forcieren.

Experten rechneten schnell vor, dass dies nicht reichen wird, um die Ölpreise 2020 zu stabilisieren. Doch anhand der Reaktionen auf die OPEC-Pläne wurde eben auch deutlich, dass ein aktives Eingreifen des Ölkartells in den Markt immer noch eine entscheidende Komponente ist: Die Ölpreise fielen oder stiegen mit jeder Ankündigung aus OPEC-Kreisen stärker als bei jeder Ankündigung zum Handelsstreit.

Denn während zum Thema China – USA kaum Handfestes prognostiziert werden kann, steht zum Thema OPEC eines fest: Auch wenn die Mitglieder des Förderabkommens es gern anders darstellen, sind sie doch auf die vereinte Marktmacht des Kartells angewiesen. Und deswegen muss die OPEC als Ganzes aktiv handeln, um nicht unter den Angriffen neuer Marktteilnehmer einzugehen. Es gibt kaum eine Alternative zu Kürzungen.
 

Eurokurs und Weltkonjunktur: Aufhellung oder vorzeitiges Aufatmen?

Seien es Wirtschaftsindizes aus Deutschland oder US-Konjunkturdaten: Der November ließ mehrfach die Hoffnung aufkeimen, dass die Weltkonjunktur haarscharf an einer Rezession vorbeigeschrammt ist. Zur Monatsmitte machten die Ölpreise nach Bekanntgabe von US-Daten einen Preissprung, der den Ausschlag im September nach den Angriffen auf saudische Ölanlagen fast in den Schatten stellte.

Selbst die Euronotierung, in diesem Jahr sonst eher nach unten orientiert, zeigte mehrfach eine erstaunliche Stabilität. Ein großer Teil beruhte zwar auf der allgemein abwartenden Haltung des Marktes und einer relativen Ruhe im Dollarkurs.

Doch dahinter stand eben auch die grundsätzliche Hoffnung, dass der Einfluss des Handelsstreits demnächst schwindet und man bisher die Zukunft etwas zu schwarzgemalt habe. Dieses Umschwenken in den Einstellungen spiegelte sich auch vorsichtig in den entscheidenden Monatsberichten wider, die ihre Nachfrageprognosen für 2020 zumindest nicht signifikant senkten – bzw. im Falle der EIA sogar leicht erhöhten.

Es bleibt jedoch offen, ob der vorsichtige Optimismus nicht genauso voreilig sein könnte wie der vorherige Pessimismus. Denn noch gibt es keine Unterschriften unter einem Handelsabkommen, noch werden positiven Konjunkturdaten auch immer wieder negative Zahlen entgegengesetzt. Tatsache ist, dass die Konjunkturfrage 2020 als allumfassende Konsequenz aus der Weltpolitik das Investitionsverhalten weiterhin dominieren wird.

Dieses Verhalten ist aktuell von relativ kurzfristigen Entscheidungen geprägt. Waren noch vor wenigen Monaten Langzeitwetten mit klarer Preisausrichtung typisch, agiert der Markt mit immer kürzeren Zeithorizonten. Er sichert kurzfristige Preissteigerungen bei Öl oder Devisen sofort wieder durch Gewinnmitnahmen ab. Dadurch war der Ölpreis den gesamten Monat hindurch relativ instabil. Der Heizölpreis wurde allerdings durch die Ruhe in den Währungsnotierungen ausbalanciert.
 

Weitere Marktnews im November in Kürze

  • Brasilien könnte OPEC beitreten
  • Kasachstan steigert Rohölförderung
  • Demonstrationen in Irak spitzen sich wieder zu
     

Der Heizölpreis im November – und was im Dezember wichtig bleibt

Direkt zum Monatsanfang Dezember wird es seitens der OPEC klare Entscheidungen geben, wie und in welchem Umfang die Förderkürzungen fortgesetzt werden. Da Teile des Abkommens bereits im November prognostiziert und eingepreist wurden, dürfte eine endgültige Aussage im Dezember den Heizölpreis weniger stark beeinflussen – es sei denn, die Einigung enttäuscht oder überrascht maßlos.

Dreh- und Angelpunkt wird die Entwicklung im Handelsstreit bleiben. Hier kann man davon ausgehen, dass jeder konkrete Fortschritt – oder auch Rückschritt – einen höheren Einfluss auf die Heizölpreisentwicklung als im November haben wird.

Denn die Geduld des Marktes ist erschöpft, seine Zurückhaltung in dieser Hinsicht am Scheidepunkt. Hier bestehen sowohl große Aufwärts- als auch Abwärtspotenziale. Direkt daran gekoppelt ist natürlich auch der Devisenmarkt.

Die Frage lautet, ob im Falle einer Übereinkunft der Dollar rapide an Wert gewinnt, damit den Euro abwertet und so Heizöl zusätzlich zur Preisentwicklung bei Rohöl verteuert. Eine weitere Stabilisierung des Euros ist zumindest in diesem Szenario eher unwahrscheinlicher.

Zudem sollten Heizölkäufer unbedingt berücksichtigen, dass die Binnennachfrage wegen des Winteranfangs sichtbar steigt und damit auch den Heizölpreis nach oben treibt, selbst wenn es an den Rohstoffmärkten abwärtsgehen sollte.

Unter diesen Voraussetzungen ist es umso wichtiger, sich tagesaktuell in unseren Heizölnews zu informieren und die Preisentwicklung über unsere Heizölpreisseite zu verfolgen. Im Dezember geht es darum, sich möglichst früh zu einem moderaten Preisniveau von allen weiteren Entwicklungen unabhängig zu machen.

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Ricarda Altrichter - Autorin

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