Heizölrückblick September 2022: Ölpreise fallen wegen Geopolitik und Rezessionssorgen

Die Turbulenzen auf den Märkten rissen auch im September nicht ab. Anders als zuvor sorgten die geopolitischen Herausforderungen und ein knappes Angebot jedoch erstmals wieder für deutlich fallende Ölpreise. Das ist zwar ein kurzfristig gutes Zeichen, doch dahinter stehen großen Sorgen.

Im Überblick: So entwickelte sich der Heizölpreis im Jahr 2022

  • Januar: Ölpreise starten auf Langzeithochs ins neue Jahr
  • Februar: Im Ukraine-Konflikt knacken Ölpreise neue Langzeitmarken
  • März: Unveränderte Situation – Preise auf neuen Langzeithochs
  • April: Chinas Lockdowns dämpfen Preisanstiege – Ukraine und Inflation treiben sie an
  • Mai: EU-Sanktionen gegen russisches Gas und Öl – Ölpreise steigen weiter
  • Juni: Rezessionssorgen dämpfen Anstieg der Ölpreise
  • Juli: Zinsanhebungen beeinflussen Ölpreise deutlich
  • August: turbulente Ölpreisentwicklung zwischen Inflation, Wetter und Geopolitik

 

Heizölpreisentwicklung

Die Heizölpreisentwicklung im September 2022 im Überblick // Alle Angaben ohne Gewähr // © TotalEnergies

 

Kompakt informiert: die wichtigsten Entwicklungen für den Ölpreis im September 2022

  • Neue Eskalationen im Ukraine-Krieg
  • Angriffe auf Nord-Stream-Pipelines
  • Notenbanken stemmen sich gegen Inflation
  • OPEC+ kürzt Fördermengen
  • Drohende Rezession als wichtigster Faktor der Preisentwicklung

 

Ein beiläufiger Beobachter könnte die Ölpreisentwicklung im September missverstehen. Nach den scheinbar unaufhaltsamen Anstiegen der Notierungen in den vergangenen Monaten sank der Heizölpreis im September um rund zehn Prozent im Vergleich zum Vormonat. Die amerikanische Rohölsorte WTI verlor rund acht Prozent, die leitende Ölsorte Brent etwa fünf Prozent. Was nach einer guten Nachricht für Heizölkäufer klingt, ist Ausdruck einer tiefen Verunsicherung, die inzwischen die gesamte Welt erfasst hat. Immer mehr Analysten sehen insbesondere auf Europa eine schwere Rezession zurollen, die durch Preissteigerungen und die Zinspolitik der Notenbanken angeschoben wird.

Auch der Ukraine-Krieg – eigentlich ein Preistreiber – hat daran seinen Anteil. Nach den Sabotageakten an den Nord-Stream-Pipelines, der Annexion mehrerer ukrainischer Gebiete durch Russland und Putins Mobilmachung wird eine scharfe Energiekrise immer wahrscheinlicher. Ein deutlicher Wirtschaftsabschwung scheint daher immer unvermeidlicher. Gleichzeitig sollte man jedoch nicht unterschätzen, dass sinkende Ölpreise die Nachfrage anschieben und damit die drohenden Effekte der Inflation zumindest momentan ausgleichen können. Daraus ergibt sich ein höchst volatiles Bild, das sich in den kommenden Wochen fortsetzen dürfte.

 

Gekappte Verbindung zu russischem Gas – die Schwächen der europäischen Infrastruktur

Die Meldungen über mehrere Lecks in den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee haben die ganze Welt aufgeschreckt. Nicht nur, weil dahinter offensichtliche Sabotage und der Kreml in Verdacht steht. Sondern auch, weil dieser Vorfall und seine Konsequenzen zeigen, wie fragil die europäische Ölinfrastruktur ist. Dass damit vorerst eine entscheidende Hauptader zu russischem Gas gekappt ist, scheint in dieser Lage fast zweitrangig. Schon zuvor hatte Russland die Gaslieferungen an Europa gedrosselt bzw. unterbrochen und als Grund dafür Wartungsarbeiten angeführt.  Europas Anstrengungen, Energie aus anderen Quellen zu beziehen, zeigten notgedrungen Wirkung. Nach der Teilmobilmachung russischer Reservisten und der Annexion mehrerer ukrainischer Gebiete brachten Europa und die USA neue und schärfere Sanktionen gegen Russland ins Spiel. Und zwar zusätzlich zu den ohnehin bevorstehenden Embargos, die in den kommenden Monaten in Kraft treten.

Im Spiegel der sinkenden Abhängigkeit wird die europäische Position zumindest auf politischer Ebene gestärkt. Doch damit steigt die Gefahr, dass sich Putin in die Enge getrieben sieht. Damit ergeben sich im Ukraine-Krieg immer kritischere Konfliktpotenziale. Die Alarmstimmung an den Märkten ist also kein Wunder. Während die Risikoprämie für Ölkäufe steigt, nimmt die Bereitschaft zu Investitionen immer mehr ab. Nicht nur bei Rohstoffen. Es zeichnet sich ab, dass dieser Fakt schwerer wiegt.

 

Geldpolitik macht den Märkten zu schaffen

Selbst risikofreudige Short Seller – also Investoren, die ausschließlich auf fallende Preise setzen –haben momentan Schwierigkeiten, ihre Wetten zu platzieren. Die globalen Notenbanken setzen auf unterschiedliche Strategien in der Inflationsbekämpfung und bringen damit den Währungsmarkt und die Aktienmärkte durcheinander. Während die US-Notenbank Fed ihren aggressiven Zinskurs auch im September weiterführte, zog die EZB wiederum verhalten und spät nach. Großbritannien startete sogar ein Anleihenkaufprogramm und damit einen Gegenentwurf zum allgemeinen Leitzins-Trend.

Die Gründe für diese unterschiedlichen Herangehensweisen sind nachvollziehbar: In den USA ist das Thema Energie nur ein untergeordneter Grund für die Inflation. Dort geht es vorrangig um Lohnkosten, die mit einem stärkeren Leitzins durchaus aufzufangen wären. In Europa lässt sich fehlende bzw. teure Energie jedoch nicht durch Währungsmaßnahmen ausgleichen. Daraus ergibt sich eine klare Schieflage, die alle Märkte betrifft. Der Dollar als Leitwährung gewinnt zunehmend an Wert, was Käufe für alle Händler mit anderer Währung teurer und damit unattraktiver macht. Sinkende Investitionsbereitschaft und teurere Preise sind eine explosive Mischung, die sich zum Pulverfass Wirtschaftskrise aufbauen kann. Genau dies macht Anleger immer unsicherer – und die Preise immer unberechenbarer.

 

Und was wird mit dem Angebot?

Abgesehen von fehlenden russischen Lieferungen zeigte der September erneut die knappe Angebotslage auf. Raffinerie-Streiks in Frankreich, Hurrikan Ian im Golf von Mexiko und nicht zuletzt die OPEC-Entscheidung, die Förderquoten um 0,1 Mio. B/T zu senken, machte Vorratslager leerer und Preise teurer. Über das Vorgehen der OPEC ist längst niemand mehr überrascht, schließlich prognostiziert sie seit Monaten, dass die weltweite Nachfrage deutlich sinken wird und es damit keinen Grund (mehr) gibt, die Förderungen zu steigern. Dass das Kartell kontinuierlich hinter seinen eigenen Quoten zurückbleibt, fällt bei jeder Äußerung in dieser Hinsicht unter den Tisch.

Die eher verhaltenen Reaktionen auf die Kürzungsnews lassen sich unter anderem damit erklären, dass der Markt immer geneigter ist, den OPEC-Prognosen zu glauben. Auch andere Prognoseberichte, wie von der Internationalen Energieagentur IEA, stoßen inzwischen in dasselbe Horn. Denn die Sorge um eine Verlangsamung der Wirtschaft ist das größte Belastungselement – nicht nur im September, sondern auch in der kommenden Zeit.

 

Weitere News in Kürze

  • China lässt Lockdown-Maßnahmen auslaufen
  • Kein Vorankommen im Iran-Atomabkommen, USA verhängen neue Sanktionen

 

Was auf dem Ölmarkt im Oktober 2022 wichtig bleibt

Jeder neue Tag mit sinkenden Temperaturen wird alle Annahmen zu Speicherständen, Heizkosten und Verbrauch auf die Probe stellen. Im Oktober steuern wir klar in die Heizperiode und müssen gleichzeitig beobachten, wie sich der Ukraine-Krieg entwickelt. Erneut stellt sich die Frage, ob die Rezessionssorgen berechtigt sind. Selbst jede mittelfristige Prognose ist derzeit unmöglich. Kurzfristige Preisentscheidungen mit aktuellen Informationen sind die bessere Strategie. Lesen Sie dazu unsere täglichen Heizölnews und bestimmen Sie den optimalen Zeitpunkt zum Auffüllen Ihres Tanks über unsere Heizölpreisseite.

Sefana Boucherit – Autorin

Der Ölmarkt und der Euro-Dollar-Kurs bestimmen Ihren Heizölpreis. Die Märkte bieten täglich Überraschungen. Wir liefern Ihnen die Hintergrundinformationen.

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